Markenklamotten oder Schuluniformen – ist Mode oberflächlich?

[ Childrens‘ Fashion ] steel engraved print with original hand colouri, published in Journal des Demoiselles, 1858.

Der Artikel einer 13-jährigen Schülerin zum Thema Schuluniformen im heutigen Bonner General-Anzeiger hat mich ins Grübeln gebracht. Das Mädchen plädiert eindeutig für Schuluniformen, obwohl es sich gerne mit Kleidungsfragen beschäftigt. Es trüge Markenkleidung genauso gerne wie Aldi-Jacken, wenn sie einfach gefielen. Warum dann also Schuluniformen? – Man könne es einfach nie richtig machen, so die junge Autorin, trägt man Markenkleidung gilt man für manche als „Markenproll“, trägt man nur namenlose Kleidung, ist es wieder nicht cool genug. Anscheinend eckt man so oder so mit seiner Kleiderwahl an und das Thema wird von den heutigen Jugendlichen wohl allgemein einfach zu wichtig genommen.

Ihr Fazit: Schuluniformen würden Kindern und Jugendlichen eine Menge negativer Erfahrungen ersparen. Pöbeleien, Neid, Missgunst, Häme, Mobbing werden unbestritten oft durch die ‚falschen‘ Klamotten ausgelöst.

Rückblick: Wie war es eigentlich bei uns?

Krame ich in meinen eigenen Erinnerungen, so hatte ich einfach großes Glück. In unserer Schule war nie Marken-Wahn ausgebrochen, sondern der Anarcho-Hippie-Look herrschte vor. Das hieß: Lange Haare bei beiden Geschlechtern, lässige Kleidung ohne Schnick-Schnack – und überhaupt entsprach eine kritische Einstellung den gesellschaftlichen Normen gegenüber und ein wenig Anbetung der 70er Jahre mit ihrer Rockmusik und der freien Lebenseinstellung eher unserem Ideal als geschniegeltes Auftreten. Trotzdem hatten Modepüppchen und brav angezogene Mutter-Söhnchen keinen schweren Stand in unserer Schule, denn zu einem freiheitlichen Denken gehört auch Toleranz. Eitel waren wir aber trotzdem..

Umso erstaunter waren wir immer, wenn Neuzugänge aus anderen Teilen dieses Landes von ganz anderen Erfahrungen berichteten. Hier wurde gemobbt und gehänselt, wenn man nicht die angesagte Jeansmarke und die Haare im Standard-Look trug. Manch SchülerIn fühlte sich bei uns wie auf einem anderen Stern, umgekehrt wäre es wohl genauso gewesen. Man braucht wohl nicht zu erwähnen, dass solche Schüler bei uns aufatmeten und sich endlich persönlich entfalten konnten, auch wenn noch lange Zeit die ‚richtige‘ Jeansmarke und die passende Frisur bevorzugt wurde. Gut, der schluffige Anarcho-Look konnte auch nicht ewig beibehalten werden, als es an die Unis und in die Ausbildungen ging, passte man auch hier sich wieder an. Wobei erwähnt werden muss, dass an der Bonner Uni wieder mehr der Schluffi-Look vorherrschte als das durchgestylte Outfit (außer in den Fächern Jura und BWL..). Je mehr Semester man ansammelte, umso weniger sorgfältig gekleidete KommilitonInnen traf man an. Die geistige Arbeit hielt viele davon ab, sich allzu viel Gedanken um das Aussehen zu machen. Und die Profs machen dies ja auch gerne vor.. (immer noch).

Über Kleidung seine Identität entfalten

Obwohl der Anarcho-Neu-Hippie-Look auf unserer Schule eindeutig vorherrschend war, konnte man sich dennoch modisch ausprobieren und experimentieren. Besonders wir Mädchen gingen ab 15 Jahren verschiedene Wege, oft kleidete man sich damenhafter als es zum Alter passte. Man probierte aus, worin man sich wohl fühlte, was für Reaktionen man bekam oder welche Farbe einem besonders gut stand. Oft kopierte man einfach, was einem bei anderen gefiel. Man bekam ein Gespür für Stoffe und Materialien und viele von uns fingen an zu nähen und zu stricken (was übrigens gut zum Anarcho-Look passte, so wurden die männlichen Freunde auch gerne mal bestrickt..).

Die Hänseleien wegen uncooler Billig-Klamotten hatten wir allerdings auch, aber eher in den unteren Jahrgängen. In jedem Falle war Kleidung, die einem Akzeptanz bei den Mitschülern bescherte, keine Frage des Geldes, sondern der Selbstbestimmung. Merkte man, dass sich jemand bewusst in einem bestimmten Stil kleidete, egal welcher es war, wurde das akzeptiert. Peinlich war nur, wer sich schon in jungen Jahren zu sehr anpasste und wie ein kleiner Beamter herumlief. Für mich hat also diese Zeit nichts Negatives an sich, klar ist, dass ich Glück hatte, an einer solchen Schule gelandet zu sein. Einige Kilometer weiter war der Markenwahn auch ausgebrochen und die Jugendlichen setzten sich gegenseitig gehörig unter Druck.

Mode als kreative Entfaltung der Persönlichkeit

An unserer Schule hätte eine Schuluniform vieles an kreativer Entfaltung abgeblockt und auch viele Erkenntnisse über andere Menschen und Prägungen unterbunden. Die Kleiderwahl sagt einfach viel über die Persönlichkeit eines Menschen aus, gerade deswegen bevorzugen Jugendliche auch extreme Kleidungsstile. Sie wollen und müssen sich abgrenzen, von Eltern, Gesellschaft, bestehenden Normen. Dies einfach zu unterbinden,  mit einer Schuluniform, halte ich auch für ungesund. Uniformen sind zudem militärisch belegt und Schule sollte uns nicht alle gleichschalten.

Schwierig wird es aber, wenn es bei der Kleiderwahl nicht mehr um die Entfaltung individueller Persönlichkeiten geht, sondern nur noch um Prestige und Kapital. Leider sind meist die Marken angesagt, die relativ teuer sind. Dadurch werden alle Kinder aus ärmeren Elternhäusern ausgegrenzt und viele dazu gezwungen, neben der Schule nur fürs Outfit zu arbeiten. Es wäre zu überlegen, Schuluniformen nur an solchen Schulen einzuführen, wo der Markenwahn ausgebrochen ist, vielleicht hält so eine ‚angedrohte‘ Maßnahme auch die Schüler davon ab, sich gegenseitig zu verurteilen.

Ist Mode denn etwas Schlechtes?

„The Last & Newest London & Paris Fashions 1845 Morning Dresses“ Steel engraved print with original hand colouring published in The World of Fashion, 1845.

Mode an sich wird in unserer heutigen Gesellschaft immer auch kritisch beäugt. Sie wird mit Luxus, Konsumsucht und vor allem mit Ressourcen-Verschwendung und Ausbeutung billiger Arbeitskräfte verbunden. Immer mehr springen auf den Wirtschaftszweig Mode auf und produzieren immer billigere Mode, um mit den Konkurrenzpreisen mitzuhalten. Aber so wichtig Mode in der heutigen Wirtschaft auch ist, so unspektakulär kommt sie andererseits daher.

Schauen wir uns an, wie die Menschen sich früher kleideten, so ist die aktuelle Mode seit Jahrzehnten peinlich schlicht, einfach, reduziert. Wo sind die komplizierten Schnitte, Fältchen, Rüschen, Volants? Alles lästiger Schnickschnack, der uns in unserer Bequemlichkeit stört. Merkwürdig, aber wir wollen es immer bequemer haben, nichts darf einengen, kratzen, drücken oder behindern. Dabei arbeiteten die Menschen früher sogar körperlich hart in ihren aufwendig geschnittenen Gewändern, auch wenn sie bei einfachen Leuten nur aus derben (kratzigen) Stoffen waren.

Man bedenke, all diese Verzierungen, Ober- und Unterröcke, Häubchen, Bändchen und Schleifchen wurden per Hand genäht! Ohne Zweifel verschaffte diese kunstvolle Mode und auch die Mode bis in die 1960er Jahre den Menschen eine würdigere Ausstrahlung und Haltung als der aktuelle Bequem-Look. Irgendwie war man in früheren Jahrhunderten auch eitler als heute!

Inzwischen verbinden wir Styling, Frisieren, modische Kleidung gerne mit Oberflächlichkeit, während dies annodazumal einfach grundsätzlich zur Selbstachtung und zum Respekt vor anderen Menschen gehörte. Grund für diesen Wandel ist sicherlich unser chronischer Zeitmangel. Wir versuchen zwar immer mehr Zeit zu gewinnen, haben aber gleichzeitig das Gefühl immer mehr Zeit zu verlieren.

Schade, dass Mode zu einem Massenprodukt und immens wichtigem Wirtschaftsfaktor geworden ist. Durch das Überangebot geht uns auch der Respekt vor der designerischen und handwerklichen Leistung immer mehr verloren. Übrigens: Die Einführung von Schuluniformen würde die Textil-Industrie empfindlich treffen, sind doch gerade die Jugendlichen ihre Haupt-Zielgruppe.

Fazit: Ich stehe der Frage ‚Pro oder Contra Schuluniformen‘ sehr zwiespältig gegenüber, Mode und Kleidung war ein wichtiger Spaß- und Entwicklungsfaktor in meiner Schulzeit, denn ich einfach nicht missen möchte..

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3 Kommentare zu Markenklamotten oder Schuluniformen – ist Mode oberflächlich?

  1. Mode muss nicht oberflächlich sein. Heutzutage lässt man implantieren.

    • Herr Gas, wo ist nur das „Don’t make me think“ hin? Bei solchen Kommentaren muss man immer rätseln.. das Implantieren kenn ich nur von der Medizin..

      P.S.: Achso, jetz versteh ich..

  2. Na, Mode und Uniformen werden doch meist oberflächlich getragen.
    Das entsprechende „Bewusstsein“ wird mittels „Don’t make me think, make me fashionable!“ implantiert.

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